Zur Abstimmung über den Antrag „Zukunftsfähige Hühnerhaltung – Kükentötung schnellstmöglich ein Ende setzen" habe ich eine persönliche Erklärung abgegeben, die meine Position erläutert:

Erklärung gemäß §31 GO BT der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm zur Abstimmung über den Antrag „Zukunftsfähige Hühnerhaltung – Kükentötung schnellstmöglich ein Ende setzen" der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen (Drs. 18/7878); TOP 3.

Die SPD-Bundestagsfraktion fordert schon seit langem, die Praxis des routinemäßigen Tötens von männlichen Eintagsküken zu beenden. Die jährliche Tötung von ca. 45 Millionen männlichen Küken aus sogenannten Legelinien in Deutschland – nur weil deren Aufzucht für die Agrarindustrie nicht wirtschaftlich ist – ist unserer Ansicht nach nicht mit dem Staatsziel Tierschutz vereinbar.

Es bedarf eines offiziellen Ausstiegsbeschlusses auf politischer Ebene, verbunden mit einem festen Beendigungsdatum dieser Praxis in unserem Land. Eine Novellierung des Tierschutzgesetzes darf kein Tabu bleiben. Nach meinem Verständnis gehört nicht nur Forschungsförderung – wie bei den Eintagsküken seit über zehn Jahren getan – sondern insbesondere Rechtsetzung zu den Kernaufgaben des Gesetzgebers.

Es gibt verschiedene Ansätze, um die bisherige Praxis des Tötens männlicher Eintagsküken zu durchbrechen:

Die von Bundesminister Schmidt angestrebte Geschlechtsbestimmung im befruchteten Hühnerei kann nur eine Brückentechnologie sein. Schließlich werden auch neue technische Verfahren nichts daran ändern, dass Eier aus Legelinien, die männliche Küken hervorbringen werden, von den Betrieben als wertlos betrachtet werden. Nachdem es bisher das erklärte Ziel von Bundesminister Schmidt war, dass das Kükenschreddern 2017 aufhört, hat der Minister nun immerhin eine Präsentation der neuen Technologie zur Internationalen Grünen Woche angekündigt. Es bleibt jedoch abzuwarten, wann die flächendeckende Nutzung einer derartigen Technologie tatsächlich Standard in deutschen Brütereien sein wird. Bis dahin wird die bisherige Tötungspraxis weiter gehen, wenn wir nicht vorher rechtsetzend tätig werden. Auch wenn die neue Technologie in den deutschen Brütereien irgendwann flächendeckend Einzug erhält, wird damit die vorherrschende industrielle Logik, nach der es legitim ist, täglich im Durschnitt ca. 120.000 männliche Küken aus wirtschaftlichen Gründen als nutzlose Lebewesen zu verwerfen, nicht in Frage gestellt.

Ich setze mich deshalb dafür ein, auf die Nutzung und Tötung von Tieren für unsere Ernährung möglichst ganz zu verzichten und stattdessen alternative Lösungen für eine gesunde tierfreie Ernährung aufzuzeigen. Hier könnte die Wissenschaft einen guten Beitrag leisten. Wichtig wären auch Strategien, Schulungen und Anreize für Kantinen und Mensen mit dem Ziel die Angebote auf eine möglichst tierfreie und gesunde Ernährung umzustellen.

Der Ernährungsreport 2016 zeigt, dass es nach wie vor Defizite in der Bevölkerung beim Thema gesunder Ernährung gibt und die ernährungsbedingten Krankheiten weiter zunehmen. Dies hängt vor allem auch mit einem zu hohen Konsum von Fleisch und tierischen Produkten zusammen. Durch den Konsum von Fleisch können zum Beispiel durch die Aufnahme von Antibiotika, die sich im Fleisch ansammeln, schädigende Wirkungen auf die Gesundheit ausgehen. Deshalb muss der Einsatz von Antibiotika streng reguliert und Massentierhaltung beendet werden. Agrarsubventionen sollten so umgestellt werden, dass nur noch artgerechte Tierhaltung unterstützt wird und Subventionen für die Futtermittelproduktion wegfallen.

Der Ernährungsreport 2016 macht deutlich, dass vielen Menschen die Zusammenhänge von Ernährung und Gesundheit nicht ausreichend bekannt sind. Deshalb brauchen wir Aufklärungsstrategien, um das Wissen und Bewusstsein für eine ausgewogene gesunde Ernährung zu stärken. Wichtig ist auch, irreführende Werbung zu unterbinden. Werbung mit glücklichen Tieren, die für die so beworbenen Produkte getötet wurden, muss untersagt werden.

Der Konsum von Fertiggerichten nimmt weiter zu. Hier ist es notwendig, Verbraucherinnen und Verbraucher in übersichtlicher, verständlicher Form darüber zu informieren, ob in den Produkten tierische Anteile enthalten sind.

Es ist erwiesen, dass in den meisten Fertiggerichten zudem Zucker und Salz enthalten sind, deren Anteile von den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht als gesundheitsschädlich erkannt werden. Hier wäre eine Ernährungsampel hilfreich, die auch die mögliche schädigende Wirkung von tierischen Komponenten in dem jeweiligen Lebensmittel einschließt. Wichtig ist auch, Strategien zu entwerfen, wie gesunde tierfreie Produkte günstiger für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu erwerben sind.

Berlin, den 19.01.2017

Gabriele Hiller-Ohm